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Aktion vor dem Magdeburger Landtag 2021: Ackerland in Bäuer*innenhand!
Seit der Wende und im Speziellen seit Mitte der 2000er Jahre kaufen kapitalstarke Investoren aus verschiedenen wirtschaftlichen Bereichen landwirtschaftliche Betriebe und Landflächen in Ostdeutschland. Dieses Phänomen lässt sich als Landgrabbing beschreiben. In Sachsen besitzen nach Schätzungen des Thünen-Instituts etwa 32% der landwirtschaftlichen Großbetriebe überregional aktive Investoren, in Thüringen 23% und in Sachsen-Anhalt 22%.
Die Ursachen des Ausverkaufs der ostdeutschen Landwirtschaft an (außerlandwirtschaftliche) Investoren sind staatliche Anreize wie die Privatisierung von Landflächen, Agrarsubventionen und Förderungen für erneuerbare Energien. Auch die historisch gewachsene Agrarstruktur mit vielen großen Betrieben sowie die Wirtschafts- und Finanzkrise von 2007/08 sind wichtige Einflussfaktoren, die das Phänomen begünstigen. Landgrabbing in Ostdeutschland hat zur Folge, dass Landpreise und der Wettbewerb um Agrarland sowie die Konzentration des Landbesitzes steigen.
Seit 2006 stiegen die Kauf- und Pachtpreise für landwirtschaftliche Flächen in allen ostdeutschen Bundesländern erheblich an. In Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Brandenburg stiegen die Kaufpreise zwischen 2006 und 2017 um mehr als 300 Prozent, in Sachsen und Thüringen um mehr als 200 Prozent. Auch innerhalb der Bundesländer gibt es verschieden starke Preissprünge, sodass es in manchen Regionen sogar noch extremere Preissprünge gab.
Wir fordern die Politik auf, den Ausverkauf der ostdeutschen Landwirtschaft zu stoppen!
Dafür braucht es starke Agrarstrukturgesetze, die den Kauf ganzer landwirtschaftlicher Betriebe durch Investoren unterbinden und eine weitere Konzentration von Kapital und Land in der Landwirtschaft verhindern.
Wir fordern die Deckelung der Bodenpreise auf einem Niveau, welches sich mit landwirtschaftlicher Arbeit und in einem überschaubaren Zeitraum erwirtschaften lässt, sowie eine Verbesserung der Informationslage auf dem Bodenmarkt.
Share Deals, also der Kauf ganzer Unternehmen, müssen unattraktiver werden. Sie müssen daher erfasst werden - bislang existiert keine Anzeigepflicht - und die Grunderwerbssteuer muss bei jeglicher Form von Share Deals greifen. Bislang fällt diese nur an, wenn über 90% des Unternehmens von einem Investor übernommen werden.
Staatliche landwirtschaftliche Flächen (knapp 10% der Gesamtflächen Deutschlands) sollten statt bislang an den Höchstbietenden oder die bisherigen Pächter*innen nach Gemeinwohlkritieren verpachtet werden. Dies wünschen wir auch von Kirchen (ca. 2% der LF) oder privaten nichtlandwirtschaftlichen Verpächter*innen (knapp 50% der LF).
Dossier "Gerechte Bodenpolitik" des Konzeptwerks Neue Ökonomie
Ackerland in Bauernhand - Vorschlag für die notwendige Regulierung des Bodenmarkts am Beispiel Anteilskäufe (Share Deals)
Stellungnahme zum Gesetzentwurf für ein Agrarstrukturgesetz in Sachsen-Anhalt (2021)
Stellungnahme zum Entwurf für ein Thüringer Agrar- und Forstflächenstrukturgesetzes (ThürAFSG, März 2023)
Tietz A (2017) Überregional aktive Kapitaleigentümer in ostdeutschen Agrarunternehmen: Entwicklungen bis 2017. Braunschweig: Johann Heinrich von Thünen-Institut: https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn059268.pdf
Forstner B, Tietz A (2013) Kapitalbeteiligung nichtlandwirtschaftlicher und überregional ausgerichteter Investoren an landwirtschaftlichen Unternehmen in Deutschland. Braunschweig: Johann Heinrich von Thünen-Institut: https://www.thuenen.de/media/publikationen/thuenen-report/Thuenen_Report_05.pdf
Brunner, Jan (2019) : Land Grabbing in Ostdeutschland: Ursachen, Auswirkungen, Widerstand. GLOCON Country Report, No. 3, Berlin: https://www.land-conflicts.fu-berlin.de/_media_design/country-reports/Jan-Brunner_Land-Grabbing-Ostdeutschland_Juni-2019.pdf
Tietz A, Neumann R, Volkenand S (2021) Untersuchung der Eigentumsstrukturen von Landwirtschaftsfläche in Deutschland. Braunschweig: Johann Heinrich von Thünen-Institut: https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn063513.pdf