AbL-Aktion: Bio-Händler Dennree zum „Landgrabber des Jahres 2024“ gekürt

Haina/Dresden, 06.04.2024 Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) Mitteldeutschland kürte heute den Bio-Händler Dennree zum „Landgrabber des Jahres 2024". Die Preisverleihung fand flankiert von Traktoren vor einer Denns-Biomarkt-Filiale in der Dresdener Neustadt statt. Zu Beginn des Jahres hatte Dennree die Agrargenossenschaft Großzöbern im Vogtland gekauft und bewirtschaftet nun über 6000 ha Land. Die AbL vergibt den Preis seit 2019. Sie macht damit auf die Bedrohung der bestehenden Landwirtschaftsbetriebe durch die Konkurrenz durch außerlandwirtschaftliche Großkonzerne aufmerksam.

Anne Neuber, Geschäftsführerin der AbL Mitteldeutschland:

Der erneute Landkauf durch Dennree macht deutlich, dass Bäuerinnen und Bauern nicht mit außerlandwirtschaftlichen Investoren konkurrieren können. Die Konzerne erwirtschaften ihr Geld nicht in der Landwirtschaft und können deshalb beliebig hohe Preise zahlen. Daher überreichen wir Dennree den Preis „Landgrabber des Jahres 2024“.

Dennree ist der größte Lebensmitteleinzelhändler im Biobereich. Bereits 2015 hat das Unternehmen die Agrofarm 2000 GmbH mit 4900 ha erworben und führt sie nun als Hofgut Eichigt. Zu Beginn dieses Jahres fusionierte Eichigt mit der Agrargenossenschaft Großzöbern. Gemeinsam bewirtschaften sie 6100 ha. Im Zusammenspiel mit dem Lebensmitteleinzelhandel konzentrieren sich hier Land, Produktion, Verarbeitung und Vertrieb in einer Hand. Das kann auch für den Biobereich zum Problem werden. Denn wer so groß und vernetzt ist, wird langfristig die Preise in diesen Bereichen bestimmen.

 Clemens Risse, Bauer in Meißen und AbL-Landesgeschäftsführer in Sachsen:

Kein Landwirtschaftsbetrieb, egal ob groß oder klein, kann langfristig gegen die Konkurrenz durch kapitalstarke Großkonzerne bestehen. Wir alle wirtschaften bis auf ganz wenige Ausnahmen zu 70-80 % auf Pachtland. Wenn ein Betrieb einen Investor im Hintergrund hat, wird er alle anderen Pachtgebote in der Region überbieten. Das gefährdet die Existenz der bestehenden landwirtschaftlichen Betriebe.“

Die sächsische Landesregierung hat im Koalitionsvertrag versprochen, durch das Erlassen eines Agrarstrukturgesetzes zukünftig zu verhindern, dass nicht-landwirtschaftliche Konzerne unreguliert und unerfasst landwirtschaftliche Betriebe und deren Flächen aufkaufen können. Das Landwirtschaftsministerium hat in den vergangenen vier Jahren einen Entwurf dazu erarbeitet, der diesen erneuten Landkauf von Dennree verhindert hätte. Dieser Regierungsentwurf wurde bereits ins Parlament eingebracht. Er wird von einem Teil der Landwirtschaftsverbände, u.a. durch den Sächsischen Bauernverband (SLB), abgelehnt. Die CDU kündigte im März 2024 an, von ihrem Versprechen im Koalitionsvertrag abzuweichen.

Anne Neuber:

„Der sächsische Bauernverband vertritt offenbar nur die Interessen der größten 30 der insgesamt 6000 landwirtschaftlichen Betriebe in Sachsen. Der SLB setzt die Existenz des Großteils der bestehenden Landwirtschaftsbetriebe in Sachsen aufs Spiel und verhindert Existenzgründungen in der Landwirtschaft. Wenn dem Bauernverband die Zukunft des Berufsstands am Herzen liegt, sollte er seine Haltung zum Agrarstrukturgesetz der Regierung dringend ändern.“

Hintergrund:
Die Preise für Boden sind so stark gestiegen, dass sie für Landwirtinnen und Landwirte in einem Arbeitsleben nicht mehr zu refinanzieren sind. Insbesondere in der Konkurrenz um Pachtland werden Landwirtschaftsbetriebe gegen Investorenbetriebe nicht bestehen können. Pachtland macht aber mehr als 60 % der bewirtschafteten Flächen aus. Landwirtschaftsbetriebe werden dadurch in ihrer Existenz gefährdet. Eigentlich sichert in Deutschland das Grundstückverkehrsgesetz Landwirten gegenüber Nicht-Landwirten das Vorkaufsrecht auf landwirtschaftlichen Boden. Der Kauf ganzer Betriebe über Anteilskäufe (Share Deals) wird aber nicht reguliert, obwohl auch das Land mit erworben wird. Das bestehende Gesetz reguliert nur Direktkäufe von Land.

Außerlandwirtschaftliche Investoren wie die Aldi-Stiftung, die Zech-Gruppe oder die Münchener Rück haben seit der Wende etliche landwirtschaftliche Großbetriebe aufgekauft und besitzen dadurch große Flächen in Ostdeutschland. Offizielle Zahlen existieren keine, das Thünen-Institut schätzte den Anteil der Investoren an Großbetrieben (juristische Personen) in Ostdeutschland auf 34% im Jahre 2017 (1) - Tendenz steigend.

Bisherige Preisträger „Landgrabber des Jahres“ sind:

- 2019: Autohändler Hercher, Grund: Aufkauf von und Handel mit landwirtschaftlichen Betrieben in Thüringen und Sachsen-Anhalt

- 2020: Dr. Kliem (Ex-Präsident Thüringer Bauernverband), Grund: Verkauf des eigenen Betriebs an Aldi

-  2023: Quarterback Immobilien AG, Grund: Kauf des 2500 ha Betriebs Röderland GmbH in Elbe-Elster

 

Weitere Informationen zum Thema Bodenmarkt: https://www.abl-mitteldeutschland.de/themen/bodenmarkt

 

Weitere Informationen zu den Landkäufen von Dennree: 

https://www.agrarheute.com/management/betriebsfuehrung/xxl-oekobetrieb-schluckt-anderen-oeko-riesen-zusammen-6100-ha-gross-616444

https://blog.campact.de/2024/03/dennree-bodenpolitik-agrarstrukturgesetz/

https://www.agrarheute.com/management/betriebsfuehrung/xxl-biobetriebe-bio-561113

 

Weitere Informationen zum Entwurf des Sächsischen Agrarstrukturgesetz:

https://www.landwirtschaft.sachsen.de/agrarstrukturgesetz-61078.html

 

An die Bildredaktionen:

Ab ca. 12:30 Uhr stehen Ihnen hier Pressebilder zur freien Nutzung zur Verfügung.

(1) Tietz, Andreas (2017): Überregional aktive Kapitaleigentümer in ostdeutschen Agrarunternehmen: Entwicklungen bis 2017. Thünen Report 52. Johann Heinrich von Thünen-Institut. Braunschweig.

 

06.04.2024
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