„CDU muss Verantwortung für sächsische Agrarstruktur übernehmen und jetzt alle Verbände an einen Tisch holen“

AbL Mitteldeutschland zur Absage der sächsischen CDU-Fraktion an den Regierungsentwurf für ein Agrarstrukturgesetz:

15.03.2024, Haina/Dresden Am Rande einer Fraktionsklausur in Zwickau sagte CDU-Fraktionschef Christian Hartmann heute, dass seine Partei dem Regierungsentwurf für ein Agrarstrukturgesetz nicht zustimmen werde. Als Begründung nannte er die Stimmungslage in der Bauernschaft und die Stärkung der Umweltverbände durch den Gesetzesentwurf. Grundsätzlich halte er eine Steuerung in dem Bereich aber für sinnvoll. Die CDU sei bereit, über ein Agrarstrukturgesetz in einer modifizierten Fassung unter Einbindung der Verbände zu sprechen.

Die AbL Mitteldeutschland nimmt die säschsische CDU beim Wort und fordert sie auf, Verantwortung für den Erhalt der sächsischen Landwirtschaftsbetriebe zu übernehmen und die Verbände in der kommenden Woche an einen Tisch zu laden.

Clemens Risse, AbL-Landesgeschäftsführer und Landwirt aus Meißen:

Ministerpräsident Kretschmer hat bei der Bauerndemo im Januar groß verkündet, dass er an der Seite der Bauern stünde. Das kann die CDU nun unter Beweis stellen. Sie muss schnellstmöglich alle Landwirtschaftsverbände an einen Tisch holen und einen Entwurf aushandeln, der den Schutz der Branche vor außerlandwirtschaftlichen Großkonzernen gewährleistet.“

Und weiter:

Kein Landwirtschaftsbetrieb, egal ob groß oder klein, kann langfristig gegen die Konkurrenz durch kapitalstarke Großkonzerne bestehen. Wir wirtschaften überwiegend auf Pachtland. Wenn unsere Pachtgebote durch Investorenbetriebe ausgestochen werden, ist die Existenz unserer Betriebe in Gefahr.“

Das Agrarstrukturgesetz soll verhindern, dass nicht-landwirtschaftliche Konzerne unreguliert und unerfasst landwirtschaftliche Betriebe und deren Flächen aufkaufen können. Dieses Ziel ist Teil des Koalitionsvertrags der schwarz-rot-grünen Landesregierung. Das Landwirtschaftsministerium hat in den vergangenen vier Jahren einen Entwurf erarbeitet. Dieser wird von einem Teil der Landwirtschaftsverbände, u.a. durch den Sächsischen Bauernverband (SLB) aber abgelehnt.

Anne Neuber, Geschäftsführerin der AbL Mitteldeutschland:

Anstatt nur die Interessen der größten 30 Betriebe zu vertreten und jegliche Vorschläge zu blockieren, soll der Sächsische Bauernverband eigene Vorschläge in die Debatte einbringen. Bei den letzten Verbändeanhörungen im Landwirtschaftsministerium ist er noch nicht einmal erschienen. Die derzeitige Blockadehaltung des SLB setzt die Existenz der sächsischen Landwirtschaftsbetriebe aufs Spiel“.


Hintergrund:

Die AbL Mitteldeutschland setzt sich seit Jahren für Gesetze ein, die den Ausverkauf der Landwirtschaft an Investoren verhindern. Aufgrund der gestiegenen Kaufpreise für Land ist es für Bäuerinnen und Bauern nicht mehr möglich, diese Preise innerhalb eines Arbeitslebens durch landwirtschaftliche Arbeit zu refinanzieren. Für Junglandwirte ist eine Betriebsgründung fast unmöglich. Außerlandwirtschaftliche Konzerne verdienen ihr Geld jedoch in anderen Branchen, können andere Summen zahlen und treiben damit die Preise nach oben. Zahlenmäßig werden diese Käufe nicht erfasst, das bundeseigene Thünen-Institut schätzt in einer Studie von 2017 den Anteil der Investoren an Agrar-Großbetriebe (juristischerPersonen) in Ostdeutschland auf 34 %. Bisher regulierten bestehende Gesetze nur den Verkauf von Agrarland, nicht aber den Verkauf ganzer landwirtschaftlicher Unternehmen. Daher konnten die Verkäufe an Investoren nicht beanstandet werden. Der säschsische Gesetzesentwurf unterwirft diese sogenannten Share Deals nun auch einer Anzeige- und Genehmigungspflicht und reguliert Bodenpreise stärker.

Bislang gibt es bundesweit noch kein Gesetz, das Share Deals erfasst. Neben Sachsen arbeiten daher auch die Bundesländer Brandenburg, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen an Agrarstrukturgesetzen. Auch dort kaufen Investoren landwirtschaftliche Betriebe und Flächen auf und verursachen damit einen beständigen Anstieg der Bodenpreise. Gerade hinsichtlich des Ausbaus der Freiflächenphotovoltaik ist davon auszugehen, dass das Problem bald ein bundesweites sein wird.

 

15.03.2024