Landesregierung muss den Ausverkauf thüringischer Agrarflächen stoppen

Endlich liegt konkreter Entwurf für ein Agrarstrukturgesetz vor

Die Thüringer Landesregierung hat am 14. März 2023 im ersten Kabinettdurchgang dem Entwurf des Thüringer Agrar- und Forstflächenstrukturgesetzes (ThürAFSG) von Landwirtschaftministerin Susanna Karanwanskij zugestimmt. Mit diesem Gesetz soll der landwirtschaftliche Bodenmarkt neu geregelt werden. Erstmalig würde damit der Kauf von landwirtschaftlichen Betrieben durch außerlandwirtschaftliche Investoren („Share Deals“) einer Anzeige- und Genehmigungspflicht unterworfen. Diese indirekte Form des Flächenkaufs war bisher weder gesetzlich reguliert noch anzeigepflichtig.

Reiko Wöllert, Landesgeschäftsführer Thüringen der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Mitteldeutschland (AbL) und Milchbauer in Westthüringen: „Ganze vier Jahre hat es gedauert, bis die Landesregierung nun endlich einen Entwurf für ein Agrarstrukturgesetz vorgelegt hat. Immerhin sollen nun erstmals Anteilskäufe durch Investoren reglementiert werden, doch handfeste Kriterien für die Versagung von Anteilskäufen sind in dem Entwurf leider nicht zu finden. Unverständlich ist, warum Thüringen nicht im Einklang mit den anderen ostdeutschen Bundesländern klare Obergrenzen definiert. Für die Landtagsabgeordneten bleibt da im parlamentarischen Verfahren noch viel zu tun!“

Das ThürAFSG sieht weiterhin vor, die Preismissbrauchsregelung für die Versagung eines Flächenkaufs in Regionen mit besonders hohen Bodenpreisen von 50 auf 20 Prozent über dem Marktpreis abzusenken. Damit sollen Preissteigerungen am landwirtschaftlichen Bodenmarkt reduziert werden.

„Wir begrüßen das Absenken der Preismissbrauchsschwelle auf 20 %, um den immensen Preisssteigerungen am Bodenmarkt Einhalt zu gebieten. Bäuerinnen und Bauern können das jetzige Preis- und Pachtniveau kaum noch über ihre landwirtschaftliche Arbeit erwirtschaften.“, so Wöllert weiter. „Das Absenken der Preismissbrauchsschwelle auf 20 % sollte für ganz Thüringen gelten und nicht nur für ausgewählte Gebiete. Wichtig ist vor allem, dass dieses Gesetz schnellstmöglich im Landtag diskutiert und noch in dieser Legislatur verabschiedet wird. Jede weitere Verzögerung würde unwiederbringlichen Schaden an der Agrarstruktur in Thüringen verursachen“.

 

Hintergrund
Investoren wie die Aldi-Stiftung, die Zech-Gruppe oder die Münchener Rück haben seit der Wende etliche landwirtschaftliche Großbetriebe aufgekauft und besitzen dadurch weite Flächen in Ostdeutschland. Offizielle Zahlen existieren keine, das Thünen-Institut schätzte den Anteil der Investoren an Großbetrieben (juristische Personen) in Ostdeutschland auf 34% im Jahre 2017[1] - Tendenz steigend.
Der neueste prominente Fall war der Aufkauf der Röderland GmbH im brandenburgischen Elbe-Elster-Kreis durch die Quarterback Immobilien AG, ein assoziiertes Partnerunternehmen des Immobilieninvestors Deutsche Wohnen SE. Beim Kauf des 2500 Hektar großen landwirtschaftlichen Unternehmens Anfang März 2023 wurde der Landwirt Tobias Lemm um zwei Millionen Euro von der Quarterback Immobilien AG überboten.

Hintergrund zum Bodenmarkt und Agrarstrukturgesetze: https://www.abl-mitteldeutschland.de/themen/bodenmarkt

Hintergrund zum Kauf der Röderland GmbH durch Quarterback Immobilien: https://www.abl-ev.de/apendix/news/details/deutsche-wohnen-ueberbietet-landwirt-beim-kauf-von-agrarbetrieb
 
 

Kontakt für die Presse:
Reiko Wöllert, Geschäftsführer AbL Thüringen
Mail: woellert[at]abl-ev.de
Tel.: 036254 78024

Jan Brunner, Geschäftsführer AbL Mitteldeutschland
Mail: mitteldeutschland[at]abl-ev.de
Tel.: 0157-58084436

------------------------------
[1] Tietz, Andreas (2017): Überregional aktive Kapitaleigentümer in ostdeutschen Agrarunternehmen: Entwicklungen bis 2017. Thünen Report 52. Johann Heinrich von Thünen-Institut. Braunschweig.

21.03.2023