„Gemeinwohlverpachtung jetzt! - Für lebendige Dörfer und gerechten Zugang zu Land in Sachsen-Anhalt

AbL Protestaktion vor Landgesellschaft in Magdeburg für eine gemeinwohlorientierte Verpachtung von öffentlichem Eigentum

13.7.2022, Magdeburg Die AbL Mitteldeutschland protestierte heute mit Bannern und umrandet von einem reich gedeckten Tisch mit regionalen Lebensmitteln vor der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH (LGSA). Neben einem Forderungskatalog überreichten sie einem Vertreter der LGSA einen bäuerlichen Präsentkorb als Symbol für die Wertschöpfung im ländlichen Raum. Die Bäuerinnen und Bauern forderten, die landwirtschaftlichen Flächen im Eigentum des Landes Sachsen-Anhalt gemeinwohlorientiert zu verpachten. Anlass ist die bisherige Verpachtungspraxis der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH. Diese schreibt Flächen nicht öffentlich aus und vergibt sie nach intransparenten Kriterien. Bei diesem Verfahren haben kapitalstarke Großbetriebe und außerlandwirtschaftliche Investoren Vorteile gegenüber regionalen Betrieben und Existenzgründer:innen.

Martin Zschoche, Landwirt und Vorstand der AbL Sachsen-Anhalt: „Wir erwarten von der Landesregierung, ihre Flächen nicht nach Höchstpreis oder intransparenten Kriterien zu vergeben. Denn dadurch erhalten vor allem agrarindustrielle Großbetriebe und außerlandwirtschaftliche Investoren Zugriff auf öffentliche Flächen. Wir fordern die Landesregierung auf, eine Vergabe der Flächen nach Gemeinwohlkriterien zu etablieren, die zukunftsorientierte landwirtschaftliche Betriebe bevorzugt. Das fördert die umwelt- und klimaschonende Herstellung regionaler Lebensmittel und honoriert das Engagement von Bauern und Bäuerinnen, die ihren Betrieb nachhaltig konzipieren und führen.“

Die Bäuerinnen und Bauern forderten, die landeseigene LGSA sowie die Landesregierung Sachsen-Anhalt auf, die 24.000 Hektar Land im Eigentum der LGSA nach gemeinwohlorientierten Kriterien transparent zu verpachten. Durch einen Präsentkorb und Gabentisch mit regionalen Produkten demonstrierten die Bäuer:innen, wie vielfältig Wertschöpfung in Sachsen-Anhalt bereits ist. Damit verbanden sie die Forderung nach einem politischen Rahmen, der betriebliche Vielfalt und landwirtschaftliche Neugründungen fördert.

Auch für Existenzgründungen und Junglandwirt:innen ist der Zugang zu öffentlichem Land existenziell. Hierzu Jessica Haby, Landwirtin und AbL-Landesgeschäftsführerin in Sachsen-Anhalt: „Für Existenzgründerinnen und aufstockungsbedürftige Landwirt:innen ist es extrem schwer, an Land zu kommen. Die landeseigenen Flächen sind ein zentrales Instrument, um Existenzgründer:innen den Start in der Landwirtschaft zu ermöglichen und neue Betriebe aufzubauen. Für mehr Lebendigkeit, Vielfalt und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft und im ländlichen Raum muss Minister Schulze seinen Handlungsspielraum nutzen und neue Verpachtungskriterien für diese Flächen erarbeiten.“

Zeitgleich protestierten Mitglieder der AbL Mitteldeutschland vor dem Landtag in Thüringen und Sachsen. Die dezentrale Aktion fand statt unter dem Motto „Gemeinwohlverpachtung jetzt! - Für  lebendige Dörfer und gerechten Zugang zu Land für alle!

 

Hintergrund:

Die Preissteigerungen auf dem Bodenmarkt in Ostdeutschland sind vergleichbar mit denen des Wohnungsmarkts in Berlin. Während außerlandwirtschaftliche Investoren tausende Hektar aufkaufen, geben landwirtschaftliche Betriebe wegen steigender Pacht- und Bodenpreise ihre Arbeit auf. Insbesondere jungen landlosen Bäuer:innen fällt der Zugang zu Land und somit ihre Berufsausübung schwer.

Das Land Sachsen-Anhalt hat über die Verpachtung der landeseigenen Flächen einen großen Gestaltungsspielraum und kann dort Grundlagen für die Förderung einer zukunftsfähigen und klimaangepassten Landwirtschaft legen. Die Verpachtungskriterien der Bundesländer können auch als Preisbremse dienen, wenn sie sich nicht am Höchstpreis, sondern an gesellschaftlichen und nachhaltigen Kriterien orientieren. Das Land Sachsen-Anhalt besitzt mindestens 24.000 Hektar landwirtschaftliche Flächen, die von der LGSA verwaltet werden. Die LGSA ist zu 94,9 % im Eigentum des Landes Sachsen-Anhalts. Im Aufsichtsrat der LGSA sind die Ministerien „Ministerium für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten“ (stellt auch den Vorsitzenden, Minister Schulze), „Ministerium für Finanzen“, „Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt“ sowie „Ministerium für Infrastruktur und Digitales“. Wie viele weitere Flächen im öffentlichem Eigentum des Landes sind, ist unklar. 

 Zum Kriterienkatalog: Für eine Verpachtung nach Gemeinwohlkriterien hat die AbL einen Kriterienkatalog erstellt, den Verwaltungen bei der Verpachtung von öffentlichem Land anwenden können. Zu den Kriterien gehören unter anderem die Größe der bewirtschafteten Schläge, die Betriebsform und die Anzahl der geschaffenen Arbeitsplätze. Die Kriterien werden jeweils mit Punkten versehen und bieten somit ein transparentes Verfahren zur Pachtvergabe, das für die Verwaltungen einfach zu handhaben ist.

Alle abzufragenden Kriterien sind von den Betrieben einfach zu erfassen, da diese im Wesentlichen aus bereits zu erstellenden Anträgen, Berichten und Bescheiden abzulesen sind. Auch für die Verwaltungen sind sie einfach handhabbar, da lediglich Zahlen miteinander verglichen werden müssen und kaum landwirtschaftliches Fachwissen zur Beurteilung notwendig ist.

 

Forderungskatalog der AbL: Gemeinwohlorientierte Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen

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13.07.2022