Ackerland in Bauern- und Bäuerinnenhand!

Rückblick: Bundesweiter Aktionstag am 25. November 2022

Am 25. November 2022 wurde in einem großen dezentralen Treckerflashmob unser Kriterienkatalog zur Gemeinwohlverpachtung zeitgleich im ganzen Bundesgebiet in Kommunen und Städten übergeben.

Wir sind Bäuerinnen und Bauern, Ernährungsräte und engagierte Bürger:innen. Unsere Forderung ist ein transparentes Vergabeverfahren für kommunales Pachtland, das der Allgemeinheit zugutekommt. Die bisherige Vergabepraxis nach Höchstgebot benachteiligt bäuerliche Betriebe und Existenzgründer:innen und das obwohl gerade diese Betriebe einen großen Beitrag zur regionalen Wertschöpfung, Artenvielfalt und zukunftsfähiger Landwirtschaft leisten.
Um die regionale Agrarstruktur und damit die ländlichen Räume zu stärken, fordern wir von öffentlichen Landeigentümern eine zielgerichtete, gemeinwohlorientierte Auswahl von Pächter:innen.

Gemeinwohlverpachtung jetzt!

Landeigentum und -pacht in Deutschland

Ein wesentlicher Teil der landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland ist Pachtland im Eigentum von Kommunen, Städten und Bundesländern. Das Vergabeverfahren öffentlichen Landes ist oftmals sehr intransparent und verläuft häufig nach Gewohnheitsrecht oder Höchstpreis. Damit bevorzugt das jetzige System gerade in den ostdeutschen Bundesländern agrarindustrielle Großbetriebe. Hofgründer:innen sowie bäuerliche, kleinere und ökologisch wirtschaftende Betriebe, die aufgrund extrem steigender Bodenpreise und den Aktivitäten außerlandwirtschaftlicher Investoren bereits unter Druck stehen, haben oftmals das Nachsehen. Die bisherige Praxis fördert somit eine industrialisierte Landwirtschaft, die auf Intensivierung und maximale Erträge setzt, während Biodiversität, Gewässer, Böden, Nutztiere und das Klima leiden. Den Dörfern geht Wirtschaftskraft verloren, wenn Landwirtschaft nur noch auf Maschinen setzt.

 

Für gemeinwohlorientierte Verpachtung nach transparenten Kriterien

Öffentliches Land gehört per Definition allen Bürgerinnen und Bürgern. Es sollte demnach an erster Stelle dem Gemeinwohl dienen. Wir von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Mitteldeutschland (AbL) fordern, dass der Bund, die Bundesländer, Städte und Kommunen ihre Gestaltungsmacht dafür nutzen. Sie sollen ortsansässige Betriebe fördern, die regional und bedarfsorientiert vermarkten, Tier-, Umwelt-, und Naturschutzleistungen erbringen, Arbeitsplätze schaffen und damit wirtschaftlich und sozial eine tragende Säule in der Gesellschaft einnehmen.

Hierfür haben wir einen Kriterienkatalog erstellt, den Verwaltungen bei der Verpachtung von öffentlichem Land anwenden können. Zu den Kriterien gehören unter anderem die Größe der bewirtschafteten Schläge, die Betriebsform und die Anzahl der geschaffenen Arbeitsplätze. Die Kriterien werden jeweils mit Punkten versehen und bieten somit ein transparentes Verfahren zur Pachtvergabe, das für die Verwaltungen sehr einfach zu handhaben ist.

Wie viele Flächen besitzt meine Kommune eigentlich?

Oft ist den Einwohner:innen einer Stadt oder Kommune selbst nicht klar, wie viel Land diese eigentlich besitzt. Noch weniger, an wen sie dieses verpachtet und nach welchen Kriterien. Um über eine gemeinwohlorientierte Art der Verpachtung ins Gespräch zu kommen, ist dieses Wissen allerdings unabdingbar. Wir haben deshalb ein Muster für eine Kleine Anfrage vorbereitet, die ihr über eine:n Abgeordnete:n eurer Stadtverodnetenversammlung, des Kreis- oder Landtags einbringen könnt, um diese Auskünfte zu erhalten.

Seid ihr einen Schritt weiter, können Abgeordnete bzw. Stadträt:innen auch folgenden Antrag stellen, um eine Gemeinwohlverpachtung im Parlament zur Diskussion und Abstimmung zu bringen.

Kirchenland & Gemeinwohlverpachtung?

Die evangelische und katholische Kirche besitzen und verpachten deutschlandweit über 500.000 Hektar Land. Oft wird das Land an Bestandspächter*innen immer weiterverpachtet oder an die*den Höchstbietende*n vergeben. Wie das kirchliche Land verpachtet und genutzt wird, entscheiden i.d.R. Kirchengemeinderät*innen, selten auch die Landeskirchen. Wenn Sie möchten, dass Ihre Kirche mehr für die Schöpfungsbewahrung unternimmt und Flächen künftig gemeinwohlorientiert verpachtet, können Sie folgendes tun:

  • Als Pfarrer*in: Initiieren Sie eine gemeinwohlorientierte Verpachtung der Ländereien Ihrer Gemeinde
  • Als Kirchengemeinderät*in: Stellen Sie einen Antrag (für Muster-Antrag hier klicken) auf Gemeinwohlverpachtung in Ihrer Kirchengemeinde
  • Als Kirchenmitglied: Regen Sie das Thema Gemeinwohlverpachtung in Ihrer Gemeinde an oder sprechen Sie Ihre*n Pfarrer*in darauf an

Erfolgsgeschichten

Gemeinwohlorientierte Verpachtung ist keine Utopie, sondern bereits gelebte Realität. Seit 2011 haben wir Druck auf die Evangelische Kirche Mitteldeutschland ausgeübt, ihr Land nach Gemeinwohlkriterien zu verpachten. Der Protest hat sich ausgezahlt: seit 2016 verpachtet diese ihr Land unter anderem auch nach sozial-ökologische Kriterien.

Auch andere Städte, Bistümer und Gemeinden haben Kriterien für eine Pachtvergabe entwickelt. Beispiele dafür sind die Städte Erfurt, Kyritz, das Land Thüringen oder die BVVG auf Bundesebene .

Fast all dieses Prozessen gingen viel Aktivismus, Überzeugungsarbeit und gezielte Kampagnen voraus. Manchmal braucht es aber auch nur einen guten Draht zwischen Stadtverordnetenversammlung und Verwaltung.